Polarblick auf die Sonne
Solar Orbiter ist das bislang komplexeste wissenschaftliche Labor, das je zur Sonne geschickt wurde. Mit der Mission: die Sonne aus näherer Entfernung zu fotografieren als alle vorherigen Raumsonden, und den ersten Blick auf ihre Polarregionen zu liefern.*1
Die Raumsonde der ESA (European Space Agency) wurde im Februar 2020 gestartet. Bereits im Juli desselben Jahres lieferte sie ihre ersten Bilder der Sonne. Seit November 2021 sind die regulären wissenschaftlichen Operationen im Gange.
Bahnbrechende Forschung
Zu den wichtigsten Entdeckungen gehören die bisher detailliertesten Bilder der Sonne sowie nun erstmals Aufnahmen ihrer Polarregionen. Weitere Ziele der Mission umfassen die Messung der Zusammensetzung des Sonnenwinds und die Untersuchung seiner Herkunft auf der Sonnenoberfläche.
Die gekippte Bahn
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Solar Orbiter nähert sich der Sonne auf bisher unerreichte 42 Millionen Kilometer. Seit Februar 2025 ist die Sonde in einer neuen Phase ihrer Reise, in der sie ihre Bahn um die Sonne um 17° kippt. Diese besondere Neigung unterscheidet sich von der der meisten anderen Sonnenbeobachtungsmissionen, die in der Ebene der Ekliptik** fliegen und maximal um 7° geneigt sind.
Anmerkung Flugundzeit
**Die Erde kreist auf der gleichen Ebene um die Sonne wie alle anderen Planeten. Diese Ebene der Umlaufbahnen nennt man Ekliptik oder Planetenebene. Sogar der Mond bewegt sich in dieser Ekliptik um die Erde.
Die NASA/ESA-Mission Ulysses (1990–2009) war zuvor die einzige, die die Pole der Sonne passierte, jedoch ohne über entsprechende Bildgebungssysteme zu verfügen.
Im Gegensatz dazu wird Solar Orbiter mit seinen Teleskopen und einer Vielzahl an In-situ-Sensoren detaillierte Beobachtungen der Sonnenpole durchführen, während sie gleichzeitig viel näher an der Sonne vorbeifliegt. Besonders bemerkenswert ist, dass Solar Orbiter auch Veränderungen an den Polen während des gesamten Sonnenzyklus überwachen wird.
Ab dem 24. Dezember 2026 wird die Sonde ihre Bahn weiter neigen und bis 2029 einen Winkel von 33° erreichen. Diese außergewöhnliche Bahn bringt für die Wissenschaft völlig neue Perspektiven.
Erste Aufnahmen der Sonnenpole
So wird Solar Orbiter als erste Raumsonde die Sonne aus einem Winkel betrachten, der die Polarregionen von außen sichtbar macht und somit neue Erkenntnisse über das Magnetfeld der Sonne, den Sonnenzyklus und die Entstehung von Weltraumwetter liefern wird.
Die Bilder der Sonnenpole, die Solar Orbiter im März 2025 aufnahm, wurden aus einem Winkel von 15° bis 17° unterhalb des Sonnenäquators aufgenommen. Möglicherweise werden dabei auch unerwartete Muster wie polare Wirbel entdeckt, die denen der Venus oder des Saturn ähneln.
Die magnetische Unordnung der Sonne
Eine der ersten wissenschaftlichen Entdeckungen der Solar Orbiter-Mission betrifft das Magnetfeld der Sonne, insbesondere am Südpol. Während ein gewöhnlicher Magnet klare Nord- und Südpolareffekte zeigt, stellte die Messung des PHI-Instruments fest, dass an diesem Punkt der Sonne sowohl Magnetfelder mit nord- als auch südpolarer Ausrichtung vorhanden sind.
Diese Unordnung tritt nur während des Sonnenmaximums auf, wenn sich das Magnetfeld der Sonne umkehrt und besonders aktiv ist. In den nächsten fünf bis sechs Jahren wird die Sonne ihr nächstes Minimum erreichen, in dem das Magnetfeld wieder geordneter ist und die Sonnenaktivität ihren Tiefpunkt erreicht.
Die genaue Art und Weise, wie sich dieses Magnetfeld aufbaut, ist noch nicht vollständig verstanden, aber die Daten von Solar Orbiter liefern wertvolle Hinweise für zukünftige Modelle des Sonnenzyklus.
©Bilder: ESA/NASA
- Weitere Details zur Sonnenaktivität und ihre Hintergründe liefert dieser Beitrag:
Die Sonne im Rhythmus ↩︎